Man mag es kaum glauben, dass trotz Schulpflicht, Ganztagsschulen, Nachhilfe und umfangreichen Möglichkeiten der Weiterbildung noch ca. 7,5 Millionen Menschen im Alter von 18 – 64 Jahren in Deutschland wesentliches Grundwissen im Lesen und Schreiben fehlt. In der immer komplexer werdenden Lebens- und Arbeitswelt, die auf umfassenden Anforderungen an Schriftsprachkompetenzen sowie mathematisch-naturwissenschaftliche und informationstechnische Kompetenzen aufbaut, geraten die betroffenen Menschen schnell ins gesellschaftliche Abseits. Trotzdem nehmen bisher nur ca. 1% dieser Personen Lernangebote in Anspruch, die ihre Defizite verringern können. Eine wichtige Aufgabe besteht deshalb insbesondere in der Sensibilisierung und Information der unterstützenden „Mitwissenden“ Umgebung, damit das Thema Alphabetisierung aus der Tabu- und Schamzone geholt wird und die Hilfebedürftigen nicht stigmatisiert werden.

Weiterbildungspfade: Neue Chancen für Erwachsene

Entsprechend der Empfehlung des Europäischen Rats vom 19.12.2016 für „Weiterbildungspfade: Neue Chancen für Erwachsene“ sollen mit individuell angepassten und bedarfsgerechten Angeboten die Lese-, Schreib-, Rechen- und digitalen Kompetenzen aller EU-Bürger verbessert werden, um den sich ständig weiter entwickelnden Anforderungen der Gesellschaft und insbesondere der Arbeitswelt gerecht zu werden.

Die vorliegende Förderrichtlinie des BMBF vom 30.05.2017 leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele in Deutschland im Rahmen der gemeinsamen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016 bis 2026.

 

 

Ziel der Förderung ist eine nachhaltige Motivation der betroffenen Bürger durch individuelle und Lebenswelt orientierte Angebote, die einen starken Bezug zu den Alltagsthemen und dem persönlichen Umfeld von funktionalen Analphabeten haben.

 

 

Gegenstand der Förderung sind innovative Konzepte, Modelle und Maßnahmen zur aufsuchenden lebensweltlich orientierten Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener sowie deren modellhafte Erprobung in einem repräsentativen Umfeld. Eine zentrale Aufgabe ist die Gewinnung und Aktivierung von funktionalen Analphabeten zum Lernen.

 

 

Wichtig ist, die Hemmschwelle zur Teilnahme niedrig zu halten

Es geht also wesentlich auch darum, die agierenden Einrichtungen im Lebensumfeld der Betroffenen (z.B. in den Bereichen Familie, Jugend, Gesundheit, Sport, Kultur, Soziales, Verbraucherschutz) einzubinden in Bildungskonzepte sowie Lernorte, mit denen sie auf die Analphabeten zugehen und sie auch individuell erreichen können. Wichtig ist, die Hemmschwelle zur Teilnahme niedrig zu halten.

Die Projektvorhaben müssen sich an mindestens einem der folgenden Handlungsfelder ausrichten:

  1. (Weiter-)Entwicklung von flexiblen und innovativen Formen non-formalen, informellen sowie selbstorganisierten Lernens; Transfer und Adaption dieser Formen an den Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener; Entwicklung passender Lehr- und Lernmaterialien;
  2. Entwicklung und Erprobung von Konzepten zur Ansprache und Sensibilisierung des mitwissenden Lebensumfelds;
  3. Qualifizierung des Bildungs- und Entwicklungspersonals für adäquate Zugangswege, Motivationsförderung, Lernstandsdiagnostik sowie Qualifizierungsmaßnahmen;
  4. Abbau vorhandener Lernhemmnisse bei Personen mit nur geringen literalen und mathematischen Grundkenntnissen;
  5. Sonstige Handlungsfelder, die sich aus den identifizerten Bedarfen im Lebensumfeld ergeben.

(Quelle: BMBF-Richtlinie)

Antragsberechtigte sind:

  • Einrichtungen im sozialen Raum (z.B. VHS, kirchliche Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Bildungsträger in Kooperation mit sozialen Einrichtungen, wie z.B. Stadtteilzentren, Familienhilfe, Tafel, Mehrgenerationenhäuser);
  • Mindestens 1 Partner hat ausgewiesene Fachexpertise und mehrjährige Praxis in Alphabetisierung und Grundbildung;
  • Antragsteller verfügt über größte Erfahrung in Administration und Projektkoordination.

 

Art, Umfang und Höhe der Zuwendung:

  • Nicht rückzahlbarer Zuschuss;
  • Jährlicher Zuschuss bis zu 300.000 Euro
  • Projektlaufzeit: 36 Monate;
  • Personal- und Sachausgaben (i.d.R. vollfinanziert);
  • Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft: bis zu 50%;

 

Antragsverfahren:

Verantwortlich für das Antragsverfahren ist das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) im Auftrag des BMBF.

 

Kontakt:

Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)
Koordinierungsstelle Dekade für Alphabetisierung (KSA)

Kennwort Lebenswelt

Robert-Schuman-Platz 3 – 5
53175 Bonn

Kommunikation in elektronischer Form sowie das Einreichen der elektronischen Skizzen erfolgt über E-Mail an: alphadekade@bibb.de

Ansprechpartner

Zu inhaltlichen Fragen:

Frau Viktoria Thieme
Telefon: 02 28/1 07 10 56

Zu formalen Fragen:

Herr Winfried Müller
Telefon: 02 28/1 07 12 09

 

Das Antragsverfahren ist zweistufig.

Bis zum 31. Juli 2017 kann eine Projektskizze eingereicht werden (max. 12 A4-Seiten).

Struktur der Projektskizze (Quelle: BMBF-Richtlinie):

  1. Allgemeine Angaben zum Vorhaben/Deckblatt (eine Seite)
    • Titel des Vorhabens
    • Angaben zur antragstellenden Einrichtung, inklusive Hauptansprechperson und deren Kontaktdaten
    • beteiligte Kooperationspartner, inklusive Kontaktdaten
    • avisierte Laufzeit
    • avisierte Fördersumme
    • Abstract (maximal 1 000 Zeichen): Kurzdarstellung der avisierten Hauptzielsetzung, Zielgruppe und des geplanten Vorgehens
  2. Darstellung des Vorhabens (insgesamt maximal neun Seiten)
    • Skizzierung und Belegung des Bedarfs, die das Projektvorhaben bedienen will
    • Darstellung der Gesamtziele des Vorhabens und deren Bezug zu den förderpolitischen Zielen des Förderschwerpunkts
    • Darstellung der fachlichen und formellen Eignung des Antragstellers und der Kooperationspartner sowie die Begründung zur Auswahl der Kooperationspartner
    • Darstellung des Vorhabens, der geplanten Maßnahmenpakete und der Aufgabenaufteilung zwischen den Projektpartnern, inklusive einer kurzen Begründung zum gewählten Vorgehen, Darstellung der Aufgabenaufteilung und Angaben dazu, inwieweit bereits vorhandene Forschungs- und Projektergebnisse in die Vorhabenplanung einbezogen wurden (maximal fünf Seiten)
    • Begründung welche Zielgruppe insbesondere fokussiert wird und wie das Erreichen dieser Zielgruppe sichergestellt wird
    • Angaben zur Verwertung der Ergebnisse nach Abschluss der Förderung (wirtschaftlich und wissenschaftlich) sowie zur geplanten Öffentlichkeitsarbeit und den Verbreitungs- und Vernetzungsaktivitäten
  3. Darstellung des Zeit- sowie Ausgabenrahmens (maximal drei Seiten)
    • Entwurf eines Arbeitsplans mit Balkendiagramm, gegebenenfalls Kooperations- und Koordinationsstruktur mit Arbeitspaketen aller beteiligten Partner
    • Angabe und Begründung der benötigten Fördermittel, nachvollziehbare tabellarische Finanzierungsübersicht.

 

Wichtigste Bewertungskriterien für die Projektskizze sind:

  • Vollständigkeit und Plausibilität der Punkte A bis C;
  • Substantieller Beitrag zu den Zielen der Richtlinie;
  • Hohes Innovationspotential;
  • Einbeziehung von neuen Akteuren aus dem Bereich Grundbildung bzw. dem Lebensumfeld der Zielgruppe in das Vorhaben;
  • State of the art im Bereich Alphabetisierung und Grundbildung sowie Berücksichtigung und Nutzung im Projekt;
  • Nachhaltiges Verwertungskonzept.

 

In der zweiten Stufe (für Antragsteller mit positiv bewerteter Projektskizze!) wird ein förmlicher Förderantrag gestellt mit detaillierter Arbeits- und Zeitplan sowie Ressourcenplanung.

 

Die wichtigsten Bewertungskriterien sind:

  • realistische Zeit- und Ressourcenplanung;
  • Arbeitsteilung zwischen den Partnern im Projekt;
  • Nachvollziehbare Arbeitsplanung;
  • Qualitätsmanagement, inklusive Evaluation;
  • Angemessener Finanzplan.

 

Die Projektskizze sowie der förmliche Projektantrag müssen über das Internetportal easy-Online erstellt und eingereicht werden: